außerschulischer Lernort
Huntewerft
Ursel ist wie Scheerchen auch ein Marinekutter zweiter Klasse und hat lange an der Marineschule in Mürwick ihren Dienst geschoben.
Ursel ist vom langen Dienst beim Bund schwer gezeichnet
in Museumshafen Flensburg
auf der Flensburger Förde

URSEL IST 57

Gründungssitzung des Vereins zum Erhalt eines Mürwik-Marinekutters. Es kommt die Frage auf, wie der Kutter denn eigentlich heißen soll, da die Marine ihren Marinekuttern keine Namen gibt, sondern nur Nummern. und diese dürfen auf dem jetzt zivil genutzten Kutter nicht mehr geführt werden.
Jemand fragt die Bedienung des Lokals, in dem die Versammlung des Vereins abgehalten wird: „Sag mal, wie heißt du eigentlich mit Vornamen? „Ursel!“ so die Antwort, und damit ist der Name gefunden. Der 1957 gebaute Marinekutter 2. Klasse. KIIK, heißt nun, nach 50 Jahren Einsatz für die Marineschule Mürwik: Ursel 57.
Wir alle besonders natürlich jene die in der Marine gedient haben kennen diese zweimastigen offenen Boote, mit denen die Marine Segelausbildung betreibt. Auch viele Segelvereine haben fast baugleiche Boote, die Jugendwanderkutter, mit denen Jugendarbeit betrieben wurde. Da diese Boote Jugendwanderkutter und KIIK, inzwischen aber überall ausgemustert werden oder durch unförmige Kunststoffvarianten ersetzt wurden und nicht mehr so häufig anzutreffen sind, hat sich der MUSEUMS HAFEN FLENSBURG entschlossen dieses ehemalige Berufsfahrzeug URSEL 57 bei sich aufzunehmen. Aber was sind das eigentlich für Boote, die bei der Marine seit der Kaiserzeit zum festen Bestandteil der Segelausbildung gehören? Die Marine beschreibt ihr traditionelles Segelboot folgendermaßen:
„Kutter dienen der Verbindung von Schiff zu Schiff und vom Schiff zum Land. Weiter bedient man sich ihrer als Hilfsmittel bei der Ausführung seemännischer Arbeiten und Manöver und zu Ausbildungszwecken, mit dem Ziel seemännischer Ertüchtigung“.
Schon immer benötigten große Schiffe kleinere Beiboote, Gigs, Jollen, Barkassen oder Kutter um den Verkehr von Schiff zu Schiff oder von Schiff zum Land zu gewährleisten. Die Notwendigkeit, solche Beiboote mitzuführen, vor allem wenn die Schiffe, zivil oder militärisch, wegen ihrer Größe auf Reede lagen, führte über alle nationalen Grenzen hinweg zu typische Größen und Bauarten. Diese Beiboote wurden an Davits oder an Deck mitgeführt. In vielen Fällen haben sogar bestimmte, eigentlich aus der Berufsschifffahrt stammende Bootstypen wie Walfängerboote ihren Eingang in die Marine einiger Länder gefunden. So ist das typische Langboot der englischen Marine ein Montagu Whaler. Interessanterweise ist dieser Bootstyp ein eher typisch skandinavischer Spitzgatter. Zumindest in der Royal Navy hat ein bestimmter Marinekutter Eingang in die Geschichte gefunden: So legte Kapitän Bligh, nachdem er von den Meuterern der HMS BOUNTY ausgesetzt wurde die unglaubliche Strecke von 3.600 Seemeilen in diesem kleinen offenen Fahrzeug zurück.
In Deutschland entstand mit dem Aufbau der kaiserlichen Flotte der Marinekutter in mehreren Größen als kombiniertes Versetzboot und Trainingsgerät, vor allem auch Für den Rettungsdienst bei Unfällen. Während im Marinehandbuch von 1928 aber noch sieben verschiedene Ruderboote der Reichsmarine aufgelistet wurden, von dem 3,84m langen spitzgattigen Dingi für Torpedoboote bis zur 14m langen Barkasse Klasse 0, so besitzt die Bundesmarine nur noch den Bootstyp Kutter II Klasse, oder kurz KIIK.
Das solche Fahrzeuge sich auch gut für den Einsatz in zivilen Segelvereinen eigneten, wurde schon in den 20er Jahren erkannt. Logischerweise fanden sich viele KIIK in meist Hamburger Segelclubs. Dabei gab es auch einige Neukonstruktionen und Umbauten in den Vereinen. Die heute noch aktuelle Überarbeitung des KIIK, der Jugendwanderkutter entstand dann in den 50 Jahre in der Hamburger Segler-Vereinigung Altona-Oevelgönne durch den Konstrukteur Hans- Peter Hülsen. Die Anpassung des KIIK für das Segeln mit Jugendlichen - leichtere Konstruktion, anderes Schwert, Eindeckung der Vor- und Achterpiek - fand große Zustimmung, und so wurde dieser Bootstyp in Segelvereinen gerne für Wanderfahrten, Jugendausbildung und Ruderwettkämpfe eingesetzt.
Von den seit 1960 gebauten 40 Jugendwanderkuttern sind etwa 15-20 noch auf der Elbe rund um Hamburg aktiv, einige auch in der Nord- und Ostsee. Die Marine hat sich größtenteils von ihren KIIK getrennt und setzt bei der Ausbildung inzwischen auf modernere Kunststoffkonstruktionen, die natürlich nicht den Charme der alten Holzkutter haben. Wie viele KIIK noch unterwegs sind bzw. irgendwo auf ihre Restaurierung warten, ist nicht bekannt. Der Marinekutter, der 1957 für den Einsatz bei der Marineschule Mürwik gebaut wurde, hat aber eine neue Heimat im Museumshafen Flensburg gefunden. Dort wird er zukünftig von den Mitgliedern des Vereins zum Erhalt eines Mürwik Marinekutter und einer motivierten Pfadfindertruppe gesegelt. Den ersten größeren Einsatz hatte der Kutter schon bei der diesjährigen RUMREGATTA. Da leider drei weitere Kutter in der gleichen Klasse gestartet sind, ein dänisches Langboot, ein Jugendwanderkutter und ein anderer Marinekutter, konnte die noch ungeübte Crew weder den ersten noch den begehrten zweiten Platz ersegeln. Das soll sich, so die Kutterenthusiasten nächstes Jahr auf jeden Fall ändern. Diesen Winter sollen die letzten Restaurierungsarbeiten in der Bootsbauhalle auf der Ochseninsel ausgeführt werden, und dann hoffen Kutterverein und Pfadfinder durch verstärktes Training auf die Drei-Literflasche Rum.

Text und Bilder:
Martin Schulz
MUSEUMSHAFEN FLENSBURG

erschinen in PIEKFALL Nr. 100 Dez. 2009

Ursel wird der Zeit auf der Huntewerft restauriert. Eigner ist jetzt die Hunteschule Wildeshausen.