außerschulischer Lernort
Huntewerft
Warum wir das machen

Ziel ist es, die Jugendlichen auf den Alltag und die Anforderungen im Beruf vorzubereiten. Das Projekt ist ausschließlich an der Praxis orientiert und basiert wesentlich auf handwerklichen Tätigkeiten, z.B. das Erklären der Herstellung einer Plankenverbindung. Die praktische Anwendung ist später für die Arbeitsaufgabe (Reparatur, Ausbau) notwendig. Es werden also keine Übungsstücke hergestellt, sondern es wird direkt am geplanten Objekt gelehrt und gelernt. Mit Hilfe der Projektmethode wird angestrebt, die Jugendlichen in den "produktiven" und "intellektuellen" Gesamtprozess eines Arbeitsablaufs zu integrieren. Die Projektteilnehmer sind dadurch von der Planung bis zur Fertigstellung am Vorhaben beteiligt. Das Lernen wird für sie besser nachvollziehbar, die pädagogischen Prinzipien des Verstehens und "Begreifens" werden sinnvoll eingesetzt. Darüber hinaus führt das eigene Handeln unmittelbar zu einem sichtbaren Ergebnis und zum Erfolg. Die Entwicklung einer positiven Arbeitshaltung, Motivation, Ausdauer und Konzentration, Kritikfähigkeit und fachlichen Qualifikationen wird begünstigt (siehe Lernziele). Auch "entmutigte" Jugendliche können dabei erfahren und erleben, dass ihr zielgerichtetes Handeln sichtbar erfolgreich sein kann. Somit werden das positive Selbstbewusstsein und das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit gestärkt.

Zielgruppe

Schülerinnen und Schüler aus dem Landkreis Oldenburg, die nicht mehr oder nur gelegentlich die Schule besuchen sind die Zielgruppe dieses Projekts. In diesem Zusammenhang fallen Begriffe wie Schulverweigerung, schuldistanziertes Verhalten, Schulverdrossenheit, -müdigkeit, -schwänzen aber auch Schulangst/-phobie. Differenziert werden muss darüber hinaus zwischen Schulschwänzern und Schulverweigerern. Das Problem Schulabsentismus generiert sich aus der gesetzlichen Regelung des Schulbesuchs. Es besteht Schulpflicht; das Fernbleiben von Schule ist eine Schulpflichtverletzungen nach §176 des NSchG und kann pädagogisch im Rahmen von Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen oder als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße geahndet werden. In der Literatur werden unterschiedliche Formen schulverweigernden Verhaltens junger Menschen benannt und beschrieben. Diese unterschiedlichen Ausdrucksformen der Distanzierung von Schule korrespondieren mit entsprechenden Differenzierungsmerkmalen, die für die Definition von Bedeutung sind: so wird danach die Intensität der äußeren bzw. inneren Entfernung von der Schule und die Art und Weise der Bewältigungsform der Schuldistanz zum Ausdruck gebracht. In diesem Zusammenhang wird im ESF-Programm vorgeschlagen, nach folgenden Gruppierungen zu unterscheiden:
die auffälligen Schüler/innen mit ersten Anzeichen (Motivationsverlust, passive Verweigerung, Fehlen von Stunden);
die gefährdeten Schüler/innen, die sich sowohl „innerlich“ als auch „äußerlich“ (Fernbleiben für mehrere Tage etc.) teilweise von der Schule abgekoppelt haben;
die „ausgestiegenen“ Schüler/innen, deren Selbstkonzept sich auf ein „Nicht-Schüler-Sein“ deutlich zu bewegt oder verfestigt (wochen- und monatelanges Fernbleiben). “
Eine in der Fachliteratur anerkannte Definition von Schuleschwänzen sagt aus, dass „Jugendliche zeitweilig oder anhaltend - in der Regel - ohne Wissen der Eltern die Schule nicht besuchen und während der Unterrichtszeit einer für sie angenehmeren Beschäftigung meist im außerhäuslichen Bereich nachgehen. (Preuß 1978, 164)." (2)
Die anfängliche Zielgruppe von Schülerinnen und Schülern, auf die unser Konzept ausgerichtet ist, kann folgendermaßen beschrieben werden: Bei einigen der Schülerinnen und Schüler in den höheren Klassen ist ein Erreichen der eigenen Leistungsgrenzen zu beobachten. Sie können den Anforderungen ihrer Jahrgangsstufe nicht mehr genügen und weisen in den Lehrgängen keine weiteren Fortschritte auf. Häufig zeigen allerdings gerade diese Schülerinnen und Schüler im handwerklichen Bereich sowohl Leistungsbereitschaft als auch handwerkliches Geschick, an das durch eine entsprechende Förderung angeknüpft werden kann. Entsprechende Maßnahmen im praktischen Bereich können für diese Schülergruppe eine Erhöhung ihres Selbstwertgefühls bedeuten (pädagogischer Aspekt), den Folgeerscheinungen wie zum Beispiel dem Schulschwänzen vorbeugen (präventiver Aspekt) und langfristig die regelmäßige Teilnahme am Unterricht sichern (schulischer Aspekt). Da Schwänzen als Regelverletzung auch immer die Gefährdung der Schulkarriere bedeutet, muss im Rahmen einer nachhaltigen Lösung Schulabsentismus nicht als homogenes Verhaltensmuster verstanden werden: „es bildet die Ausdrucksform und Folge ganz unterschiedlicher Problemkonstellationen zwischen Umfeld und inneren System des Schülers.“
Aus schulischer Sicht ergeben sich in diesem Zusammenhang sich u. a. folgende Fragen: Wird die Bereitschaft zum Schwänzen erkannt? Welche Maßnahmen leitet die Schule ein? Wesentlich gefragt ist hier die selbstreflektierte Arbeit sowohl des einzelnen Lehrers aber auch die des Kollegiums in Bezug auf das Kind/den Jugendlichen. Zeitgleich ist ein in den Schulalltag eingearbeitetes Kontroll- und Beratungssystem notwendig, um ein frühzeitiges Eingreifen zu ermöglichen. Vor dem Hintergrund des Niedersächsischen Schulgesetzes droht den betroffenen Schülern und Schülerinnen eine Erziehungs- oder Ordnungsmaßnahme. Ein zeitlich begrenzter Ausschluss vom Unterricht nach dem Schulgesetz allein ist für diese Schülergruppe allerdings keine relevante pädagogische Maßnahme. Bei vielen Schülerinnen und Schülern dieser Gruppe können wir beobachten, dass sie mit den üblichen schulischen Maßnahmen nicht mehr zu erreichen sind. Nur in wenigen (Ausnahme-) Fällen halten wir die Einleitung des Bußgeldverfahrens für ein adäquates Mittel, um Schüler, die von dem Problem bedroht sind, zu erreichen. Die Zielgruppe im ESF – Programm sind Schüler und Schülerinnen, die stundenweise Schwänzen, oder durch „tagelanges Fernbleiben“ von der Schule ihren „Ausstieg“ signalisieren. An diesem Punkt knüpft der außerschulische Lernort „Huntewerft“ an: Schulzeit soll für die betroffenen Schülerinnen und Schüler wieder als sinnbringend und über diesen Weg motivierend erfahrbar sein. Neben einem Einblick in die Arbeitswelt, kann im Rahmen der Bedingungen des Viasol die Möglichkeit zum Erwerb von Ausbildungsmodulen gegeben sein: Berufliche Orientierung und der Erwerb von Qualifikationen für die Arbeitswelt stehen dabei im Vordergrund. Diese, das Schulzeugnis ergänzenden Qualifikationen, können bei späteren Bewerbungen unterstützend wirken und den Einstieg in die Arbeitswelt in Form von Lehre oder Anlernverhältnis ermöglichen, mindestens aber erleichtern.

Lernziele:

Im Rahmen der Zusammenarbeit von Schule und Huntewerft muss der personelle Einsatz von Lehrkräften fallspezifisch geplant und durchgeführt werden. Anfängliche, begleitende und abschließende Gespräche mit den Mitarbeitern der „Huntewerft“ und Lehrkräften sind obligat. In individuellen Förderplänen sollen folgende Schlüsselqualifikationen Berücksichtigung finden:
Motivation: Die Schülerinnen und Schüler sollen lernen, mit Freude zu arbeiten und angenehmen und langfristig auch unangenehmen Aufgaben genügend Beachtung zu schenken. Vor allem sollen sie Eigeninitiative entwickeln und eine positive Grundeinstellung zur Arbeit gewinnen, um die gemeinsam formulierten Ziele zu erreichen. Die Projektmethode, die Jugendliche in den "produktiven" und "intellektuellen" Gesamtprozess eines Arbeitsablaufs integriert, bietet hier einen optimalen Ansatz zur Steigerung der Leistungsbereitschaft.
Arbeitshaltung: Den Schülerinnen und Schülern soll bewusst werden, dass sie die volle Verantwortung für ihr Handeln und somit auch Lernen übernehmen müssen. Verantwortungsbewusstes Handeln bedeutet auch, sich um Zuverlässigkeit, um Pünktlichkeit, um einen angemessenen Umgangston und um eine aktive Lernhaltung zu bemühen. Formen des offenen Lernens verlagern die Verantwortung von den Lehrenden auf die Lernenden. Unterstützung kann sowohl bei den Lehrkräften als auch bei den Mitarbeitern der „Huntewerft“ eingefordert werden.
Kritikfähigkeit: Die Schülerinnen und Schüler sollen lernen, angemessene Rückmeldungen zu geben und gegebene anzunehmen. Für das eigene Bestehen in der Berufswelt müssen sie eine Bereitschaft entwickeln, ihr Verhalten auf Grund von konstruktiver Kritik zu verändern. Sie sollen eine Bereitwilligkeit zeigen, neue Verhaltensstrukturen zu entwickeln, aufzubauen und zu festigen.
Fachliche Qualifikationen: Oftmals werden die Lerninhalte von Haupt- und Förderschüler und –schülerinnen als abstrakt erlebt, ohne Anbindung an die eigene Erlebniswelt. Über die eigene Handlung in der praxisorientierten Arbeit und die Verbindung mit der Reflektion eigenen Handelns in fachlich ausgerichteten Aufgabenstellungen in den Fächern Deutsch, Mathematik, AWT, und andere, entspricht wesentlich den Anforderungen durch die fachbezogenen Curricula. Zusammen mit den schulfachlichen Fertigkeiten erwerben die Lernenden die Kompetenzen und Fähigkeiten, um im Beruf verantwortlich, selbstständig und teamfähig handeln zu können. Ziel soll es sein, Schülerinnen und Schülern durch die Erhöhung der persönlichen, fachpraktischen und fachtheoretischen Kompetenzen in eine sinnstiftende Arbeit oder/und Ausbildung zu integrieren. Projektorientiertes Lernen, wie in der Jugendwerkstatt ermöglicht, ist die optimale Form des Lernens, um sich die im späteren Berufsalltag geforderten Fähigkeiten und Fertigkeiten anzueignen.